Veröffentlicht am März 11, 2024

Entgegen der landläufigen Meinung ist das Solidarprinzip in Versicherungen kein Akt reiner Fairness, sondern ein Mechanismus der Risiko-Quersubventionierung, der Sie als umsichtigen Beitragszahler systematisch benachteiligen kann.

  • Versicherungspools, in denen umsichtige Kunden die überproportionalen Risiken anderer Gruppen finanzieren, führen zu ungerechten Prämiensteigerungen.
  • Moderne Instrumente wie Telematik-Tarife oder eine bewusste Tarifgestaltung ermöglichen es Ihnen, aus der reinen Kollektivhaftung auszubrechen.

Empfehlung: Hören Sie auf, ein passiver Zahler im System zu sein. Analysieren Sie aktiv die Fairness Ihres Tarifs und nutzen Sie gezielte Strategien, um Ihre Beiträge an Ihr tatsächliches, niedriges Risiko anzupassen.

Jedes Jahr das gleiche Ritual: Der Brief des Versicherers flattert ins Haus, und mit ihm oft die Nachricht einer Beitragserhöhung. Sie fragen sich, warum? Sie hatten keinen Unfall, keinen Schaden gemeldet und fahren seit Jahren vorausschauend. Die Antwort, die Sie meist erhalten, lautet „Solidarprinzip“. Ein hehres Konzept, das besagt: Alle zahlen in einen Topf ein, und wer einen Schaden hat, dem wird geholfen. Doch dieses simple Bild verschleiert eine komplexere und oft unfaire Realität.

Die gängigen Ratschläge beschränken sich oft darauf, Preise zu vergleichen. Doch das kratzt nur an der Oberfläche. Was, wenn das System selbst so konzipiert ist, dass Sie als vorsichtiger Mensch strukturell benachteiligt werden? Was, wenn „Solidarität“ oft nur ein Euphemismus für eine systematische Risiko-Quersubventionierung ist, bei der Sie die riskante Lebensweise oder das höhere Schadenpotenzial anderer mitfinanzieren? Dieses Gefühl der Ungerechtigkeit ist keine Einbildung, sondern hat oft eine handfeste mathematische Grundlage in der Kalkulation der Tarife.

Dieser Artikel bricht mit der oberflächlichen Erklärung. Wir tauchen tief in die Mechanik der Versicherungstarife ein und decken auf, wann das Solidarprinzip für Sie zur Kostenfalle wird. Es geht nicht darum, das System abzuschaffen, sondern es zu verstehen und die Spielregeln zu Ihrem Vorteil zu nutzen. Sie erfahren, wie Sie unausgeglichene Versicherungspools erkennen, welche Alternativen es zur pauschalen Risikobewertung gibt und wie Sie durch aktive Tarifgestaltung Ihre Prämien an Ihr tatsächliches, individuelles Risiko anpassen. Es ist an der Zeit, die Kontrolle zurückzugewinnen.

Um die Mechanismen der Versicherungsprämien und die oft empfundene Ungerechtigkeit zu verstehen, beleuchten wir das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln. Der folgende Leitfaden zeigt Ihnen, wo die Fallstricke liegen und wie Sie konkret handeln können.

Warum junge Autofahrer 1.200 € zahlen, obwohl sie statistisch nur 300 € Schaden verursachen

Das eklatanteste Beispiel für eine systemische Ungerechtigkeit findet sich bei der Kfz-Versicherung für Fahranfänger. Ein 18-Jähriger zahlt oft eine vierstellige Jahresprämie, obwohl sein persönliches Fahrverhalten tadellos sein mag. Der Grund liegt in der pauschalen Risikobewertung: Versicherer stufen junge Fahrer als Hochrisikogruppe ein, da die Statistik eine höhere Unfallwahrscheinlichkeit für diese Altersgruppe belegt. So verursachen laut ADAC Unfallforschung Fahranfänger unter 25 Jahren 5-mal mehr Unfälle auf Landstraßen als erfahrene Fahrer.

Hier wird das Individuum für das Verhalten des Kollektivs bestraft. Der umsichtige junge Fahrer finanziert die Schäden seiner risikofreudigeren Altersgenossen quer. Der statistische Schaden von 300 € pro Kopf wird durch das hohe Risiko der gesamten Gruppe auf eine Prämie von 1.200 € oder mehr hochgerechnet. Das ist das Solidarprinzip in seiner unfairsten Form: eine pauschale Vorverurteilung aufgrund demografischer Merkmale.

Glücklicherweise gibt es Wege, dieser Pauschalisierung zu entkommen. Eine der effektivsten Methoden ist die Zweitwagenregelung. Dabei wird das Fahrzeug des Fahranfängers als Zweitwagen der Eltern versichert. Dies ermöglicht einen Einstieg in eine deutlich günstigere Schadenfreiheitsklasse (z.B. SF ½ statt 0), was die Prämie erheblich senkt. Andere Optionen wie das „Begleitete Fahren ab 17“ oder spezielle Telematik-Tarife, die das individuelle Fahrverhalten belohnen, bieten ebenfalls Möglichkeiten, die Beiträge an das persönliche Risiko anzupassen und der ungerechten Kollektivstrafe zu entgehen.

Wie Sie erkennen, ob Sie in einem ausgeglichenen oder ausgebeuteten Versicherungspool sind

Ein Versicherungspool ist die Gemeinschaft aller Versicherten eines bestimmten Tarifs bei einem Anbieter. In einem idealen, ausgeglichenen Pool entsprechen die eingenommenen Prämien in etwa den ausgezahlten Schäden und Verwaltungskosten. Sie als Kunde mit niedrigem Risiko subventionieren zwar immer noch Kunden mit hohem Risiko, aber das System ist langfristig stabil. Problematisch wird es, wenn ein Pool systematisch unausgeglichen ist – ein sogenannter „ausgebeuteter Pool“. Dies geschieht, wenn ein Versicherer zu viele Hochrisikokunden in einem Tarif sammelt oder die Prämien generell zu niedrig kalkuliert hat.

Ein entscheidender Indikator dafür ist die Schaden-Kosten-Quote (Combined Ratio). Liegt diese Quote über 100 %, bedeutet das, dass der Versicherer in dieser Sparte mehr Geld für Schäden und Kosten ausgibt, als er durch Prämien einnimmt. Die Folge sind zwangsläufig drastische Beitragserhöhungen für alle Mitglieder des Pools, um das Defizit auszugleichen. Aktuelle Prognosen für die Kfz-Branche sind ein klares Warnsignal: So zeigt die aktuelle Branchenlage eine Schaden-Kosten-Quote von 106% in 2024, was massive Beitragsanpassungen nach sich ziehen wird.

Um die Stabilität Ihres Pools zu bewerten, können Sie die Geschäftsberichte der Versicherer oder die Berichte der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu Rate ziehen. Diese Dokumente enthalten oft Kennzahlen wie die Combined Ratio für einzelne Sparten. Eine konstant hohe Quote über mehrere Jahre ist ein klares Indiz dafür, dass Sie sich in einem ausgebeuteten Pool befinden und als risikoarmer Kunde die Verluste des Versicherers mittragen.

Analyse von Versicherungspools durch BaFin-Berichte und Geschäftsberichte

Diese Analyse ermöglicht es Ihnen, proaktiv zu handeln. Anstatt passiv die nächste Beitragserhöhung abzuwarten, können Sie gezielt zu einem Anbieter mit einem stabileren und faireren Pool wechseln. Ein solcher Wechsel ist oft der wirksamste Schritt, um der Ausbeutung durch eine unausgewogene Risikogemeinschaft zu entgehen und eine dem eigenen Risiko angemessene Prämie zu zahlen.

Klassische Versicherung oder Telematik-Tarif: wann lohnt sich individuelle Risikobewertung

Die klassische Versicherung basiert auf starren, statistischen Merkmalen wie Alter, Wohnort und Fahrzeugtyp. Sie ignoriert den wichtigsten Faktor: Ihr individuelles Verhalten. Hier setzen Telematik-Tarife an. Über eine App oder einen kleinen Stecker im Auto wird Ihr Fahrstil analysiert – Beschleunigung, Bremsverhalten, Geschwindigkeit und Kurvenfahrten. Wer sicher und vorausschauend fährt, erhält einen Bonus und kann seine Prämie oft um bis zu 30 % senken. Dies ist der direkteste Weg, das starre Solidarprinzip zu durchbrechen und eine echte Prämiengerechtigkeit zu erreichen.

Doch dieser Ansatz hat auch eine Kehrseite. Die individuelle Bewertung kann nach hinten losgehen. Die Verbraucherzentrale warnt vor höheren Prämien bei ungünstigem Fahrverhalten. Wer oft stark bremst, schnell beschleunigt oder häufig nachts unterwegs ist, kann am Ende sogar mehr zahlen als im klassischen Tarif. Die Entscheidung für oder gegen Telematik ist also eine ehrliche Auseinandersetzung mit dem eigenen Fahrstil.

Die Einführung solcher Tarife verschärft zudem die systemische Schieflage im Versicherungswesen. Gute Fahrer verlassen die klassischen Pools und hinterlassen dort eine höhere Konzentration an riskanten Fahrern. Dies führt unweigerlich zu steigenden Prämien für diejenigen, die im alten System verbleiben. Es entsteht ein Nullsummenspiel, wie ein Versicherungsombudsmann treffend formulierte:

Wenn es durch Telematik-Tarife zu Einbußen beim Gesamt-Prämienaufkommen kommt, müssen diese natürlich zulasten aller ausgeglichen werden. Der Bonus des einen ist der Malus des anderen.

– Versicherungsombudsmann, Gerechte Gesundheit Magazin

Ein Telematik-Tarif lohnt sich daher vor allem für Fahrer, die sich ihres sicheren Fahrstils bewusst sind und bereit sind, ihre Daten für eine faire Prämie preiszugeben. Insbesondere junge Fahrer in teuren Schadenfreiheitsklassen können so beweisen, dass sie besser sind als ihr statistisches Kollektiv und erhebliche Einsparungen erzielen.

Warum Sie als gesunder Nichtraucher die Behandlung von Kettenrauchern mitfinanzieren

Das Solidarprinzip ist in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Deutschland am stärksten verankert. Die Beiträge richten sich ausschließlich nach dem Einkommen, nicht nach dem Gesundheitszustand, Alter oder Lebensstil. Ein junger, sportlicher Nichtraucher mit hohem Einkommen zahlt somit deutlich höhere Beiträge als ein älterer, übergewichtiger Kettenraucher mit geringem Einkommen, obwohl dessen Behandlungsbedarf statistisch um ein Vielfaches höher ist. Dies ist die Essenz der sozialen Solidarität, die den Zugang zu medizinischer Versorgung für alle gewährleisten soll.

Diese Form der Quersubventionierung ist politisch gewollt und sorgt dafür, dass das Risiko von Krankheit nicht allein beim Einzelnen liegt. Das Solidarsystem garantiert, dass rund 95% der Leistungen bei allen Krankenkassen identisch sind, unabhängig von der Höhe des gezahlten Beitrags. Als gesunder Beitragszahler finanzieren Sie also direkt die oft teuren Behandlungen von Menschen mit risikoreichem Lebensstil oder chronischen Erkrankungen.

Einen Gegenentwurf dazu bildet die private Krankenversicherung (PKV), die auf dem Äquivalenzprinzip basiert. Hier zahlt jeder Beiträge, die seinem individuellen Risiko (Alter, Gesundheitszustand) bei Vertragsabschluss entsprechen. Dieses System wird oft als fairer empfunden, da die Prämie die erwartete Leistung widerspiegelt. Doch auch hier gibt es eine Form der Solidarität, wie das folgende Beispiel zeigt.

Fallbeispiel: Der Kontrast zwischen GKV und PKV

In der PKV finanziert nicht die junge Generation die ältere. Jeder Versicherte baut mit seinen Beiträgen (den sogenannten Altersrückstellungen) selbst für die steigenden Gesundheitskosten im Alter vor. Dieses System gilt als demografisch zukunftssicher. Dennoch gilt auch hier: Innerhalb der Gemeinschaft der Versicherten finanzieren die Gesunden die Kranken. Wer in einem Jahr keine Leistungen in Anspruch nimmt, dessen Beiträge werden dennoch zur Deckung der Kosten anderer Versicherter verwendet, die krank werden. Das individuelle Risiko bestimmt den Einstiegsbeitrag, aber die Solidarität der Risikogemeinschaft bleibt auch hier ein Grundpfeiler.

Die Entscheidung zwischen GKV und PKV ist somit auch eine Grundsatzentscheidung über das Maß an Solidarität, das man zu tragen bereit ist. Während die GKV eine breite soziale Umverteilung praktiziert, fokussiert die PKV auf eine risikogerechtere Prämie, ohne das Prinzip der Gemeinschaftsfinanzierung im Krankheitsfall aufzugeben.

Wie Sie durch gezielte Tarifwahl und Selbstbehalte Ihre Solidarbeiträge um 30% reduzieren

Sie sind der unfairen Quersubventionierung nicht hilflos ausgeliefert. Durch eine aktive und bewusste Gestaltung Ihrer Versicherungsverträge können Sie Ihre Prämien erheblich senken, ohne den Schutz zu gefährden. Es geht darum, nur für das Risiko zu zahlen, das Sie tatsächlich absichern müssen und wollen. Die effektivsten Hebel sind die Wahl des richtigen Tarifs und die intelligente Nutzung von Selbstbehalten.

Ein höherer Selbstbehalt bedeutet, dass Sie im Schadensfall einen Teil der Kosten selbst tragen. Dafür sinkt Ihre jährliche Prämie spürbar. Dies ist eine Wette auf Ihr eigenes, geringes Risiko. Wer über finanzielle Rücklagen verfügt und kleine Schäden (z.B. Parkrempler) selbst bezahlen kann, spart langfristig erheblich. Weitere wichtige Stellschrauben sind die Werkstattbindung, die jährliche Zahlweise oder die Einschränkung des Fahrerkreises. Jede dieser Entscheidungen reduziert das Risiko für den Versicherer und wird mit einer niedrigeren Prämie belohnt.

Die folgende Tabelle, basierend auf einer Analyse von Check24, zeigt das durchschnittliche Sparpotenzial verschiedener Maßnahmen in der Kfz-Versicherung. Sie verdeutlicht, wie Sie durch eine Kombination dieser Hebel Ihre Beiträge optimieren können. Eine jährliche Zahlweise kombiniert mit einem Telematik-Tarif kann bereits eine enorme Ersparnis bringen.

Sparpotenzial verschiedener Maßnahmen
Maßnahme Sparpotenzial Geeignet für
Werkstattbindung Ø 8% günstiger Alle Fahrer ohne spezielle Werkstattpräferenz
Jährliche Zahlung Ø 13% günstiger Fahrer mit ausreichender Liquidität
Telematik-Tarif Bis zu 30% Sichere, vorausschauende Fahrer
Höherer Selbstbehalt 15-20% Fahrer mit finanziellen Rücklagen

Um diese Potenziale voll auszuschöpfen, ist eine systematische Vorgehensweise unerlässlich. Die folgende Checkliste hilft Ihnen dabei, Ihre Verträge gezielt zu durchleuchten und die richtigen Anpassungen vorzunehmen.

Ihr Aktionsplan zur Beitragsoptimierung: So gehen Sie vor

  1. Schadenfreiheitsklasse prüfen: Stellen Sie sicher, dass Ihre langjährige unfallfreie Fahrt korrekt mit einer hohen SF-Klasse belohnt wird. Fordern Sie eine aktuelle Einstufung an.
  2. Fahrzeug- und Regionaldaten checken: Überprüfen Sie die Typklasse Ihres Autos und Ihre Regionalklasse. Manchmal kann schon ein Umzug in einen benachbarten Postleitzahlenbezirk die Prämie beeinflussen.
  3. Fahrerkreis und Kilometerleistung anpassen: Begrenzen Sie den Fahrerkreis auf die wirklich notwendigen Personen. Geben Sie Ihre jährliche Fahrleistung realistisch an – weniger Kilometer bedeuten eine niedrigere Prämie.
  4. Selbstbehalte und Zahlweise justieren: Kalkulieren Sie, welchen Selbstbehalt Sie im Schadensfall problemlos tragen können. Prüfen Sie den Rabatt für eine jährliche statt monatliche Zahlweise.
  5. Vergleichsangebote einholen: Nutzen Sie die optimierten Parameter, um auf Vergleichsportalen und bei Direktversicherern konkrete Angebote einzuholen und Ihren aktuellen Vertrag zu konfrontieren.

Berufsunfähigkeitsversicherung oder Schwere-Krankheiten-Versicherung: was schützt Sie wirklich

Bei der Absicherung existenzieller Risiken wie dem Verlust der Arbeitskraft ist die Wahl des richtigen Produkts entscheidend. Hier konkurrieren vor allem zwei Konzepte: die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) und die Schwere-Krankheiten-Versicherung (Dread Disease). Obwohl beide Sicherheit versprechen, sind ihre Leistungsdefinitionen fundamental verschieden – und das hat massive Auswirkungen darauf, ob Sie im Ernstfall wirklich Geld erhalten.

Die Berufsunfähigkeitsversicherung leistet, wenn Sie Ihren zuletzt ausgeübten Beruf zu mindestens 50 % aus gesundheitlichen Gründen für voraussichtlich mindestens sechs Monate nicht mehr ausüben können. Der entscheidende Vorteil: Die Ursache ist dabei unerheblich. Ob Unfall, Krebs, Gelenkverschleiß oder eine psychische Erkrankung – die BU zahlt eine monatliche Rente. Dies ist besonders relevant, da psychische Erkrankungen wie Burnout in Deutschland die häufigste Ursache für Berufsunfähigkeit sind.

Die Schwere-Krankheiten-Versicherung (Dread Disease) funktioniert anders. Sie zahlt eine einmalige Kapitalsumme, aber nur, wenn eine der im Vertrag exakt definierten schweren Krankheiten diagnostiziert wird. Die Liste umfasst typischerweise Herzinfarkt, Schlaganfall oder Krebs. Das Problem: Psychische Erkrankungen sind fast immer ausgeschlossen. Außerdem muss die Krankheit oft einen bestimmten Schweregrad erreichen, damit die Versicherung leistet. Ein leichter Schlaganfall oder Krebs im Frühstadium führen möglicherweise zu keiner Zahlung, obwohl Sie bereits berufsunfähig sind.

Fallbeispiel: Vergleich der Leistungsauslöser

Ein 35-jähriger IT-Berater erleidet ein schweres Burnout und ist für mehr als sechs Monate arbeitsunfähig. Seine Berufsunfähigkeitsversicherung prüft den Fall und beginnt mit der Zahlung der vereinbarten monatlichen Rente. Seine zusätzliche Dread-Disease-Versicherung leistet hingegen nicht, da psychische Erkrankungen nicht auf der Liste der versicherten Krankheiten stehen. Dieses Beispiel aus der Praxis zeigt die klare Überlegenheit der BU bei der Absicherung gegen die in Deutschland häufigste Ursache für den Verlust der Arbeitskraft.

Für die Absicherung der Arbeitskraft ist die Berufsunfähigkeitsversicherung daher in den allermeisten Fällen die deutlich umfassendere und wichtigere Absicherung. Eine Dread-Disease-Police kann eine sinnvolle Ergänzung sein, um die hohen Einmalkosten bei einer schweren Erkrankung zu decken, aber sie kann niemals den existenziellen Schutz einer BU ersetzen.

Warum das „Rundum-Sorglos-Paket“ Ihrer Bank Sie 2.000 € pro Jahr kostet und was Sie wirklich brauchen

Bankberater bieten gerne „Rundum-Sorglos-Pakete“ an, die neben dem Girokonto auch diverse Versicherungen enthalten. Das klingt bequem, ist aber oft eine teure Falle. Diese Pakete bündeln häufig Standardtarife konzerneigener Versicherer, die selten die besten Preis-Leistungs-Konditionen am Markt bieten. Sie zahlen für die Bequemlichkeit einen hohen Preis, anstatt sich die besten Angebote für jede einzelne Versicherung individuell zusammenzustellen.

Der Preisunterschied kann enorm sein. Ein von Stiftung Warentest durchgeführter Vergleich zeigt Unterschiede von bis zu ca. 1.900 Euro jährlich zwischen den teuersten und günstigsten Kfz-Versicherungstarifen bei gleicher Leistung. Ähnliche Differenzen finden sich bei Haftpflicht- oder Hausratversicherungen. Ein Bankpaket schließt Sie von diesem Sparpotenzial effektiv aus und bindet Sie an mittelmäßige bis teure Produkte.

Der Schlüssel zur Kostenoptimierung liegt darin, den eigenen Bedarf kritisch zu analysieren und sich auf die wirklich notwendigen Versicherungen zu konzentrieren. Nicht jede Eventualität muss versichert werden. Viele der in Paketen enthaltenen Policen decken Risiken ab, die entweder vernachlässigbar klein oder bereits durch andere Verträge abgedeckt sind. Die Konzentration auf das Wesentliche setzt Kapital frei, um die existenziellen Risiken hochwertig abzusichern.

Die Verbraucherzentrale empfiehlt eine klare Priorisierung. Es gibt einige wenige Versicherungen, die für fast jeden unverzichtbar sind, und eine ganze Reihe, die oft überflüssig sind. Eine klare Trennung hilft, den Überblick zu bewahren:

  • Existenziell notwendig: Die Privathaftpflichtversicherung ist die wichtigste Versicherung überhaupt. Sie schützt vor Schadensersatzansprüchen Dritter, die Ihre finanzielle Existenz ruinieren können. Ebenso fundamental ist die Berufsunfähigkeitsversicherung zur Absicherung Ihrer Arbeitskraft.
  • Situationsabhängig wichtig: Eine Risikolebensversicherung ist nur dann sinnvoll, wenn Sie eine Familie mit Alleinverdiener-Struktur haben oder hohe Kredite (z.B. für eine Immobilie) absichern müssen.
  • Oft überflüssig: Auf Versicherungen wie die Insassenunfallversicherung (Leistungen sind meist durch die Kfz-Haftpflicht gedeckt), die Reisegepäckversicherung (oft geringe Leistungsgrenzen und viele Ausschlussklauseln) oder separate Handy- und Glasbruchversicherungen können die meisten Menschen getrost verzichten.

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Solidarprinzip führt oft zu einer unfairen Quersubventionierung, bei der risikoarme Kunden für risikoreiche Gruppen zahlen.
  • Schlüsselindikatoren wie die Schaden-Kosten-Quote (Combined Ratio) helfen Ihnen, unausgeglichene und teure Versicherungspools zu identifizieren.
  • Durch aktive Tarifgestaltung (Telematik, Selbstbehalte, Werkstattbindung) und die Konzentration auf existenziell wichtige Policen können Sie Ihre Beiträge erheblich senken.

Wie Sie 2.400 € jährlich an Versicherungsprämien sparen, ohne Ihren Schutz zu reduzieren

Die Erkenntnisse aus den vorigen Abschnitten münden in einer klaren Handlungsaufforderung: Werden Sie zum aktiven Manager Ihrer Versicherungsverträge. Passivität und Markentreue werden im Versicherungswesen nicht belohnt, sondern kosten bares Geld. Ein jährlicher „Versicherungs-TÜV“ ist der effektivste Weg, um sicherzustellen, dass Sie den besten Schutz zum fairsten Preis erhalten. Das Sparpotenzial ist enorm und kann leicht mehrere tausend Euro pro Jahr betragen.

Viele Deutsche scheuen den Aufwand des Wechsels, doch die Zahlen zeigen, dass sich das Bewusstsein ändert. Eine YouGov-Studie belegt, dass die Wechselbereitschaft steigt, insbesondere wenn hohe Beitragserhöhungen ins Haus stehen. Der entscheidende Stichtag für die ordentliche Kündigung der meisten Kfz-Versicherungen ist der 30. November. Diesen Termin sollten Sie sich rot im Kalender markieren, um rechtzeitig handeln zu können.

Um Ihnen den Vergleich zu erleichtern, hat das Handelsblatt in Zusammenarbeit mit Analysten die besten Kfz-Versicherer für 2024 ermittelt. Die Ergebnisse zeigen, dass die bekanntesten Namen nicht immer die besten sind und Direktversicherer oft ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten.

Top-Kfz-Versicherer nach Preis-Leistung 2024 (Beispiel)
Rang Versicherer Tarif Jahresprämie (Beispiel)
1 HUK24/HUK-Coburg Classic Select inkl. Kasko Plus 407-782 €
2 Allianz Direct Komfort-Tarif 420-800 €
3 DEVK Premium-Schutz 435-820 €

Ein systematischer jährlicher Check ist der Schlüssel zum Erfolg. Führen Sie alle Ihre Verträge zusammen, prüfen Sie den aktuellen Bedarf (Hat sich die Kilometerleistung geändert? Ist der Fahrerkreis noch aktuell?), und nutzen Sie dann breitflächig Vergleichsportale wie Check24 oder Verivox. Wichtig ist, auch direkte Angebote von Anbietern wie der HUK24 einzuholen, die nicht auf allen Portalen gelistet sind. Mit den günstigeren Konkurrenzangeboten in der Hand können Sie oft sogar mit Ihrem bestehenden Versicherer über einen besseren Tarif verhandeln.

Dieser jährliche Prozess ist die Quintessenz aktiven Versicherungsmanagements. Er befähigt Sie, die Kontrolle über Ihre Finanzen zurückzugewinnen und das System zu Ihrem Vorteil zu nutzen.

Beginnen Sie noch heute mit Ihrem persönlichen Versicherungs-TÜV. Nehmen Sie sich die Zeit, Ihre Verträge kritisch zu hinterfragen und Angebote zu vergleichen. Holen Sie sich die Kontrolle über Ihre Prämien zurück und sorgen Sie dafür, dass Sie nur für das Risiko zahlen, das Sie tatsächlich darstellen – nicht für das der anderen.

Häufige Fragen zur Berufsunfähigkeits- und Schwere-Krankheiten-Versicherung

Was ist der Hauptunterschied zwischen BU und Dread Disease?

Die BU leistet bei Berufsunfähigkeit unabhängig von der Ursache (auch psychisch), während Dread Disease nur bei explizit definierten schweren Krankheiten eine Einmalsumme zahlt.

Welche Versicherung ist bei Burnout hilfreich?

Nur die Berufsunfähigkeitsversicherung leistet bei psychischen Erkrankungen wie Burnout. Dies ist in Deutschland die Berufskrankheit Nr. 1 und somit ein entscheidender Leistungsauslöser, der bei Dread-Disease-Policen fehlt.

Was bedeutet ‚abstrakte Verweisung‘?

Die Klausel der abstrakten Verweisung erlaubt es dem Versicherer, die Leistung zu verweigern, wenn Sie theoretisch einen anderen Beruf ausüben könnten, der Ihrer Ausbildung und bisherigen Lebensstellung entspricht – auch wenn Sie keine solche Stelle finden. Es ist existenziell wichtig, einen BU-Tarif ohne diese Klausel zu wählen.

Geschrieben von Julia Bergmann, Julia Bergmann ist unabhängige Finanzberaterin seit 10 Jahren, spezialisiert auf die Begleitung von Privatpersonen zur finanziellen Autonomie. Diplom-Volkswirtin der Goethe-Universität Frankfurt und zertifizierte CFP (Certified Financial Planner), leitet sie aktuell ihr eigenes Beratungsbüro in Stuttgart. Sie fokussiert sich auf Demokratisierung des Investierens für die Mittelschicht und Dekonstruktion komplexer Bankprodukte.